Dress for success

Ich gehöre zwar zu den Menschen, die morgens die Augen aufschlagen und wach sind. Das heißt aber nicht, dass ich direkt am Morgen Drama und Diskussionen brauche. Doch meine Kinder haben einen starken Willen und gerade meine Tochter weiß, was sie will und setzt sich willensstark dafür ein. Das beginnt jeden Morgen mit der Kleidungsdiskussion. Meist übernimmt das mein Mann, doch als an diesem Morgen wieder hitzig diskutiert wurde, eilte ich zur Hilfe.

„Was ist denn los?“ „Ich will das blaue Kleid mit den roten Rosen anziehen,“ heulte meine Tochter. Ich dachte kurz nach und konnte mich an kein entsprechendes Kleid erinnern. „Meinst du das grüne mit den bunten Blumen?“ „Nein!“ Ich durchsuchte weiter fleißig den Kleiderschrank. „Hier das rosane mit den roten Blumen?“ Sie guckte mich böse an: „NEIN!“ Ich verzweifelte langsam: „Du hast kein blaues Kleid mit Blumen!“ „Habe ich doch!“ „Wo soll das denn sein? Im Schrank ist es nicht.“ Mein Mann schritt ein, da mein Frustrationslevel nach oben schnellte. „Vielleicht ist es in der Wäsche?“ Er rannte los und durchsuchte alles. Wie soll man denn ein Kleid finden, welches es gar nicht gab?

Er kam triumphierend wieder: „Ich habe es gefunden. Es hängt noch auf der Wäscheleine.“ Meine dreijährige Tochter guckte mich sehr vorwurfsvoll an: „Ich hab doch gesagt, dass ich ein blaues Kleid mit roten Blumen habe.“ Als ich es sah, fiel es mir wieder ein: „Ist ja gut. Das hatte ich vergessen,“ gestand ich ehrlich. Doch der Frieden hielt nicht lange. „Wir haben nur ein Problem,“ fügte mein Mann ein: „Es ist nass!“ „Das macht nichts,“ sagte meine Tochter schnell: „Ich ziehe es an und es kann an mir trocknen. Ich bin warm, aber ich habe kein Fieber.“ Der Blick ging wieder in meine Richtung. Ich war vielleicht immer etwas schnell mit dem Fieberthermometer…. Ich guckte meinen Mann an und wir beiden wussten, dass wir vor einer endlosen Diskussion standen würden, wenn das Kleid wieder zurück auf die Wäscheleine wandern würde.

Das Ende vom Lied: Mein Mann föhnte das Kleid und meine Tochter stand freudestrahlend daneben. Da hallte es auch schon aus dem anderen Kinderzimmer: „Wo ist meine gestreifte Unterhose? Ohne meine gestreifte Unterhose gehe ich nirgendwo hin!“ Ich hatte nichts gehört, verschwand in die Küche und brauchte erstmal einen Kaffee. 

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„Rüdiger muss leben!“

Ich weiß nicht, ob es an den 30 Grad und der Sonne liegt, oder ob die Kreativität meiner Kinder einfach mal wieder mit ihnen durchgegangen ist. Heute kam mein Sohn zu mir und verkündete stolz: „Mama, wir haben eine neue Lebensaufgabe: Rüdiger muss leben!“ Gab es ein neues Kind im Kindergarten dessen Name ich vergessen habe? Ist Rüdiger ein Kuscheltier, von dem ich nichts weiß? Wer oder was ist Rüdiger und warum muss er leben? Ist er krank? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort bekam, denn die Mission Rüdigers Leben zu retten war im vollen Gang.

Wer sich fragt, wer oder was Rüdiger ist – hier kommt die Auflösung: Es gibt Rüdiger und es gibt viele kleine Rüdiger! Rüdiger kann tausende Eier abwerfen, aus denen dann kleine Rüdiger schlüpfen. Die Antwort ist also glasklar: Rüdiger ist eine Pflanze. Ich habe meine Kinder gebeten, dass Wasser aus unserem Pool aka Planschbecken zu schöpfen und die Blumen zu gießen. Aus dieser banalen Aufgabe wurde ein Kampf um Rüdigers leben. Wir haben Himbeeren, Blaubeeren, Johannbisbeeren, aber die echte Größe in unserem Garten scheint Rüdiger zu sein. Ein undefinierbarer Busch. Wir von der Tarantel gestochen rannten sie mit ihren wassergefüllten Eimern und gossen Rüdiger, um sein Leben zu retten.

Doch auch die kleinen Rüdigers / Rüdigere / also die Mehrzahl von Rüdiger musste gerettet werden. So goss man einfach jede Menge Wasser auf sämtliches Unkraut, also Rüdiger, und die, die nach der Flut noch den Kopf oben halten konnten, waren gerettet. Ganz naheliegend eigentlich 😉

Lang lebe Rüdiger!

Dass meine Kinder im Zoo und Wildpark alle Tiere mit einem fröhlichen „Hallo“ begrüßen oder mit dem entsprechenden Tiergeräusch – daran habe ich mich gewöhnt, aber dass sie jetzt auch mit Pflanzen sprechen. Zum Glück steht Rüdiger neben dem Klettergerüst. Daher kann man wunderbar Rüdiger beim Wachsen zusehen und ihm Durchhalteparolen wie „Du schaffst das, Rüdiger!“ zurufen. Auch seine Blätter werden gestreichelt und die herabfallenden vergraben. Das ergibt dann neue Rüdiger. 

Manchmal wüsste ich zu gerne, was in den Köpfen meiner Kinder vorgeht. Oder in denen meines Nachbars, der entspannt ein Sonnenbad nahm, bevor er Zeuge vom Kampf um Rüdigers leben wurde….