Laut Albert Einstein „ist Zeit das, was man von der Uhr abliest“, aber für meinen Sohn ist Zeit ein unbegrenzter Faktor oder auch ein unbekanntes Universum. Es stört ihn auch nicht, nichts darüber zu wissen. Für uns Eltern ist Zeit nicht nur ein rares Gut, sondern auch ein gefährlich….
Beide meiner Kinder freuen sich total, wenn Besuch kommt oder wir Wegfahren oder ähnliches. Die Tage bis dahin werden brav runtergezählt und sehnsüchtig erwartet. Problem ist nur, dass sie die Tage irgendwie anders zählen. „Wann fahren wir zu Oma und Opa?“ „Heut in einer Woche!“ „Also morgen?“ „Nein, heute ist Montag, du gehst die Woche noch fünfmal in den Kindergarten, dann kommt das Wochenende und dann fahren wir los. Insgesamt musst du noch siebenmal schlafen.“ Er guckt mich interessiert an. Dann kommt meine Tochter: „Ich habe gepackt. Wir können los.“ Natürlich hat sie nicht für den Kindergarten gepackt, sondern für die Fahrt zu Oma und Opa. Wieder erläutere ich ihr, dass es noch dauert. Und was werde ich seitdem jeden Morgen gefragt? „Fahren wir heute zu Oma und Opa?“ Jeden Abend werden auch die Taschen mit Spielsachen beladen, denn es könnte ja jederzeit spontan losgehen.
Doch nicht nur Reisen werfen ihre Schatten voraus. Es fängt auch schon im kleinen an. Als mein Sohn noch kleiner war, freute er sich sehr, dass am nächsten Tag sein Freund zu Besuch kommt. Da er zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich verstehen konnte, um wieviel Uhr das Treffen ungefähr stattfinden würde, machte ich einen entscheidenden Fehler und sagte: „Morgen nach dem Frühstück ist der Besuch da!“

Ich ahnte erst am nächsten Morgen um 5:30 Uhr, was ich angerichtet hatte, denn mein Sohn wollte schon frühstücken. Also saßen wir sonntags um 6 Uhr brav am Frühstückstisch. Um 6:05 Uhr stand mein Sohn auf und ging zu Tür. Er wollte gucken, ob der Besuch schon da ist. Ich versuchte ihm dann zu erklären, dass der Besuch wahrscheinlich noch schläft und er sich noch etwas gedulden muss. Das ging natürlich gar nicht. Es war doch schon hell – wie konnte man denn dann nur schlafen?
Die Euphorie ist zwar nach wie vor die gleiche, aber mittlerweile steht er nicht mehr früher auf. Es kann auch daran liegen, dass bei uns vieles nur noch ganz spontan passiert. Wie aus dem Nichts fällt mir plötzlich ein, dass in 30 Minuten ja der Besuch kommt. Nachdem wir das Zeitproblem jetzt schon galant gelöst haben, muss nur noch etwas mehr örtliche Orientierung her. Denn egal, ob zum Einkaufen, in den Zoo oder zum Schwimmen – wir fahren entweder immer nach Berlin oder an den Gardasee. Warum auch nicht…