Wahrscheinlich bin ich in der heutigen Zeit nicht mehr die einzige, die virtuelle Familientreffen hat. Nach dem das gemeinsame Beisammensein in diesem Jahr durch Corona nicht stattfinden konnten, trafen wir uns virtuell. Das stellte jeden vor eine andere Herausforderung. Der eine musste sich seit Tagen mal wieder etwas Ordentliches anziehen und sich nicht ganz so hängen lassen, wir mussten dafür sorgen, dass die Kinder gut mitspielten und dann war da ja noch die Technik….
Ich weiß, dass manche Generationen besser als andere damit umgehen können, aber meine Mutter und ihr Mann gehören eher zu der Sorte „Ich habe das Internet gelöscht“. Meine kleine Schwester und ich hatten immer gehofft, dass unsere Eltern niemals WhattsApp für sich entdecken, aber zu spät. Während unser Vater ein Freund der Emoticons ist und im Zweifelsfall zu allem ein Bierkrug oder das Rock On Emoji schickt, hat unsere Mutter gelernt, wie man Inhalte weiterleiten kann. Und täglich grüßt ein neues Youtube-Video. Wie gut, dass wir die Stumm-Funktion kennen.
Zu unserem virtuellen Familientreffen versammelten sich also alle verstreut auf der Welt vor ihren Laptops. Man sah Bilder von allen, nur bei meiner Mutter war der Bildschirm erst schwarz und danach sah man neben einem korpulenten Mann, auch einen netten Haaransatz am unteren Rande des Bildes. Sie hatten allerdings den Computer extra auf die Terrasse gestellt, damit wir möglichst viel vom Garten sehen konnten. Ich hoffe, dass es an dieser Stelle der Laptop und nicht der PC war. Da der Ton lief, kam man schnell ins Gespräch und wir genossen die blumige Aussicht. Nur mein Sohn war von den sprechenden Haaren irritiert und fragte vorsichtig, wer denn der Strohballen neben dem Dicken ist. Wir waren sehr froh, dass wir in diesem Moment das Mikrofon ausgeschaltet hatten. „Der Strohballen ist Oma und der Dicke ist Fritz.“ Mit diesem Wissen schien die Videokonferenz wieder mehr Spaß zu machen. Während der Dicke tolle Buchtipps gab, bewegte sich der Strohballen seicht im Wind.

Jeder Versuch die Bildschirmposition zu ändern, scheiterte, doch da man sich wohl selbst am liebsten reden hörte, schien es auch weder den Dicken noch den Strohballen zu interessieren. Sie hatten den Siegeszug in die Internet-Video-Konferenz angetreten und waren im neuen Zeitalter so was von mit links angekommen. Meine Schwester musste auch noch Manöverkritik abliefern, nachdem meine Mutter sie fragte, wie sie sich denn geschlagen haben. Es war keine Konferenz, es war eine Schlacht. Und der Gegenschlag erfolgt an ihrem Geburtstag, denn dann gibt es die nächste Schlacht via Internet und Video-Chat. Ich bin sehr gespannt, was wir diesmal zu sehen bekommen. Zwei sprechende Bauchnabel, im Takt des Sprechgesangs wippende Füße oder auch ein schöner Rücken könnte entzücken???